22. Sonntag im Jahreskreis 31.08.2025 Lesejahr C

„Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“ Lk 14,11

„Wir dürfen keinen Wert auf die Lobsprüche der Menschen noch auf die Beleidigungen legen, die wir von ihnen empfangen. Vor den Augen Gottes sind wir das, was wir sind. Nicht mehr und nicht weniger. Nichts anderes darf uns einnehmen als das Verlangen, ihm angenehm zu sein.“
°Pfr. von Ars

Welche Provokation liegt in den Worten Jesu für Gäste und einen führenden Pharisäer als Gastgeber, obwohl Er merkt, dass Er genau beobachtet wird! Wenn wir uns als geladener Gast einreihen und diese Szene beobachten, wären wir wohl mehr als erstaunt. Er hält den Gästen einen Spiegel vor und mahnt den Gastgeber, doch die Armen, die ihm nichts zurückgeben können, einzuladen. So verhalten wir uns doch auch nicht, wenn wir Gäste einladen. Aber auch Jesus hat die Einladungen im Freundeskreis beim reichen Lazarus und seinen Schwestern Maria und Marta sehr wohl geschätzt und geliebt. Es geht also gar nicht prinzipiell darum, den Kontakt zu Nachbarn und Freunden aufzugeben.
Aber Jesus lässt keine Gelegenheit aus, um den Blick der Menschen vom Irdischen auf das Himmlische zu lenken, den Weg zum Vater zu zeigen, auch wenn Er dafür keine Anerkennung erhält. Es geht ihm um die Seligkeit aller bei der Auferstehung, sowohl der Reichen als auch der Armen.
Wie sehr sind doch auch wir versucht, uns mit dem Kreis der gleichgesinnten, befreundeten Menschen zu begnügen und die Türen für andere verschlossen zu halten. Jesus aber, der sich selbst als die Tür bezeichnet, möchte, dass wir unsere Türen öffnen für alle, die uns begegnen. Das ist zunächst einmal unsere Tür des Herzens in einer positiven Einstellung zum Nächsten, in dem wird das Gute sehen wollen, selbst wenn wir durch ihn leiden.
Menschlich ist das unmöglich. Aber der Herr will uns in die göttliche Sphäre mithineinnehmen, in der Er schon auf dieser Erde gelebt hat, damit möglichst viele Menschen den Weg zum Himmel finden. Menschenfurcht ist da nur hinderlich. Sicherlich müssen wir nicht die provokative Art Jesu bei dem Gastmahl übernehmen. Dies war Sein Weg als Gottes Sohn. Wenn wir dem Heiligen Geist jedoch erlauben, unseren Blick ständig auf Gott zu lenken, dann werden wir fähig, in rechter Weise Zeugnis von der Sehnsucht Gottes nach jedem Menschen zu geben - ohne Rücksichtnahme auf menschliche Urteile.
Der Pfarrer von Ars hat dies in überzeugender Weise gelebt. Es war ihm ganz einerlei, ob man sich über ihn lustig machte oder ihn schätzte, ob man ihn lobte oder tadelte, ehrte oder verachtete, ob man ihm Aufmerksamkeit schenkte oder ihn zur Seite stellte. Er wollte lediglich nur das sein, was er vor Gott war und damit Zeugnis für Gott geben °²
Er diente den Armen, in denen er Gott sah. In einer Predigt wies er auf den hl. Johannes von Gott hin, der den Armen die Füße wusch, bevor er ihnen etwas zu essen gab. Eines Tages sah er dabei die durchbohrten Füße eines Armen und rief aus: Das bist doch du, Herr“. Bei diesen Worten zerfloss Vianney in Tränen.°³
Nicht nur die materiellen Armen sind gemeint. Es gibt viele Formen der Armut, im Glauben, in der Hingabe. Vor Gott sind wir alle nur arm. Diese Erkenntnis ist eine große Gnade.
Die Armut vor Gott erkennen, lässt uns Gottes Größe preisen und hält uns davon ab, auf andere herabzusehen. So können auch wir im Nächsten Gott begegnen. Der Heilige Pfarrer führe uns auf diesem Weg.
31.07.2025 ih

°Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet. 1959, 252
°² ebenda S.252
°³ Abbé Monnin, Esprit du Curé d’Ars, Nachdruck 2007, S.237