„Selig der Schoß, der dich getragen, und die Brust, die dich gestillt hat!“ Lk 11,27
„Vom Anbeginn der Welt bis zum Kommen des Messias ist alles nur Barmherzigkeit.“
°Pfr. von Ars
Das Lob der Frau aus dem Volke für die Mutter Jesu kam aus tiefster Bewunderung mütterlicher Liebe. Mütter vergleichen oft ihre Kinder. Wie glücklich muss doch die Mutter sein, die einen solchen Sohn hat, der nicht nur so begnadet redet, sondern auch Heil und Heilung in überreicher Fülle den Bedürftigen, Kranken und Verletzten schenkt. Der Herr nimmt das Lob an, erweitert es in seiner Bedeutung jedoch bis in die unendliche Barmherzigkeit Gottes.
Der Mutterschoß im Hebräischen Rächäm ist verwandt mit dem Wort Erbarmen Rachamim. Das Erbarmen Gottes ist wie der Mutterschoß, in dem der Mensch sein Leben empfängt und wohlbehütet heranwachsen darf bis zur Geburt. Der Mutterschoß Marias, der Jesus getragen hat, ist ein Bild für die Barmherzigkeit Gottes, die sie in vollkommener Weise aufgenommen und verschenkt hat, zuerst an ihren Sohn, dann aber auch an jeden Menschen, der sich an sie wendet. Was zunächst fast eine Ablehnung eines Lobes für Maria zu sein scheint, zeigt sich als eine Steigerung des Lobes in unendliche Weite. Maria ist das menschlich vollkommene Bild göttlicher Barmherzigkeit und darum mehr als jeder andere zu loben. Sie hat das lebendige Wort Gottes, den Sohn Gottes, aufgenommen, um Ihn der Welt zu schenken.
So zeigt Jesus uns, auf welche Weise Seine Worte zu verstehen sind. Seine Worte, d. h. Er selbst, möchte Fleisch annehmen im Herzen des Menschen, sodass die Menschen umgestaltet werden in Sein Bild und zur Geburt in die Ewigkeit gelangen können.
Der Pfarrer von Ars hat die Barmherzigkeit Gottes, die unbegrenzte Liebe des göttlichen Mutterschoßes in menschlich unfassbarer Weise gelebt. In einem Leben voller Hingabe konnte er die Menschen besonders im Sakrament der Buße so oft zurückführen in Gottes Barmherzigkeit.
Seine Sehnsucht, den Menschen diese Barmherzigkeit erfahrbar zu machen, war so groß, dass Gott selbst ihm manchmal auch mit Zeichen zu Hilfe eilte.
„Eines Tages hatte Vianney es mit einem sehr verstockten Sünder zu tun, den weder sein Gebet, noch sein Bitten, noch auch seine Tränen zur Buße bewegen konnten. Da plötzlich wirft sich der Arme ihm weinend und schluchzend zu Füßen und verspricht, sich zu bessern. – Er hatte das Haupt unseres hl. Pfarrers ganz umleuchtet gesehen; - diesem Schauspiel konnte er nicht widerstehen. Diese Tatsache ist von Vianney selbst beglaubigt, und wir besitzen den authentischen Beweis in einem Briefe aus dem Jahr 1846.“°²
Das heutige Evangelium ist also nichts weniger als eine Einladung, in die Barmherzigkeit Gottes einzutreten und selbst ein Abbild Seiner Barmherzigkeit zu werden - menschlich für uns unmöglich. Flüchten wir wie der Pfarrer von Ars zu Maria, der Mutter des Herrn, damit sie uns in ihre Schule der Barmherzigkeit nimmt und ergänzt, was unserer Armseligkeit fehlt.
27.07.2025 ih
° Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet, 1959, S.160
°² Alfred Monnin, Leben des im Jahre 1859 im Rufe der Heiligkeit verstorbenen Pfarrers von Ars, Joh. Bapt. Maria Vianney, 2. Bd., 1863, S.252