Hl. Petrus und Hl. Paulus, Hochfest, 29.06.2023 Lesejahr A

„Amen, amen ich sage dir: Als du jünger warst, hast du dich selbst gegürtet und gingst, wohin du wolltest. Wenn du aber alt geworden bist, wirst du deine Hände ausstrecken und ein anderer wird dich gürten und dich führen, wohin du nicht willst.“ Joh 21,18

„Der Gehorsam und der Wille Gottes ließen ihn nach Ars zurückkehren, wo er gegen seinen Willen 41 Jahre geblieben ist, indem er Gott die Einsamkeit zum Opfer brachte, die er so sehr ersehnte.“ ° Cath. Lassagne

Die abschließenden Worte im Johannes-Evangelium , in denen Jesus andeutete, durch welchen Tod Petrus Gott verherrlichen werde, führen leicht zu dem Gedanken, dass dieser Text uns nichts angeht, weil er nur Petrus betrifft. Die Worte der Hl. Schrift haben aber immer über die unmittelbare Situation hinaus eine Bedeutung für alle, die sie hören, also auch für uns.
Für unser Leben treffen wir in der Jugend grundsätzliche Entscheidungen, durch die wir eine Erfüllung unserer Sehnsucht und Ideale finden möchten. Nach einem schwungvollen, kraftvollen Beginn müssen wir jedoch immer wieder feststellen, dass vieles nicht unseren Erwartungen entsprechend verläuft. Und was geschieht dann?
Es kann zu Enttäuschungen, Frustration und auch zu Brüchen kommen. In jedem Fall bedeutet es eine Erfahrung des Beengt-seins, des Gegürtet-seins, durch Menschen, durch Situationen. Auf Enttäuschungen, die keinem erspart bleiben, gibt es verschiedene Antworten. Der Mensch kann in Depression, Hoffnungslosigkeit, Frustration fallen oder aber diese nicht selbst gesuchten Begrenzungen als einen Weg zu Gott entdecken, wie der Pfarrer von Ars.
Die Einsamkeit, die Jean-Marie Vianney sich sein ganzes Leben lang ersehnt hat, wie Catherine Lassagne berichtet, ist ein sehr hohes Ziel, das nur wenige erfüllt leben können. Aber er wurde durch den Willen Gottes für ein anderes Leben gegürtet, zur Rettung vieler Seelen, zur Verkündigung eines Gottes der Liebe, zur Erneuerung des Glaubens, der durch die Französische Revolution am Boden lag. Sein Weg war ein Weg des Leidens. „Er gestand mir in den letzten Jahren, dass er so viel litt, als zu leiden möglich sei“ °²
Papst Johannes Paul II. hat ihn als einen Märtyrer des Beichtstuhls bezeichnet. Es war ein Leben in der Agonie Christi am Kreuz, Teilnahme am Schmerz Christi über die Sünde, aber auch gerade darin Erfahrung der Freude in der Auferstehung des Herrn. Seine geistliche Fruchtbarkeit belebt die Kirche und Welt bis heute.
Scheuen wir uns also nicht, uns gürten zu lassen, in kleinen Situationen, aber auch bei schweren Kreuzen. Aus eigener Kraft vermögen wir das nicht. Aus eigener Kraft konnte auch der Pfarrer von Ars das nicht und auch Jesus am Kreuz nicht. Das war und ist nur möglich in der Kraft des Heiligen Geistes. Der Heilige Pfarrer erflehe uns den Heiligen Geist, der in all unserer Schwachheit auch durch uns wirken möchte.
Beten wir an diesem Hochfest besonders für die neugeweihten Priester, aber auch für alle Priester, dass sie in der Kraft des Heiligen Geistes das Gegürtet-sein nicht fürchten, sondern so am Aufbau des Reiches Gottes mitwirken.
6.06.2023 ih

° Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet, 1959, S. 228
°² ebenda S. 228