5. Sonntag der Osterzeit 18.05.2025 Lesejahr C

„Als Judas vom Mahl hinausgegangen war, sagte Jesus: Jetzt ist der Menschensohn verherrlicht und Gott ist in ihm verherrlicht. Wenn Gott in ihm verherrlicht ist, wird auch Gott ihn in sich verherrlichen und er wird ihn bald verherrlichen.“ Joh 13, 31f
„Durch die Sünde verachten wir den lieben Gott, kreuzigen wir den lieben Gott.“ °
Pfr. von Ars

Unfassbar und schwindelerregend sind die Worte des Herrn im heutigen Evangelium. Die Verherrlichung ist Seine Kreuzigung, durch die nicht nur Er verherrlicht wird, sondern Gott der Vater in Ihm verherrlicht ist. Die Tiefe dieser Worte können wir nicht erfassen. Nur Heilige wie der Pfarrer von Ars haben sie erahnt und gelebt.
Von Ewigkeit her hat sich der Sohn vom Vater empfangen in Seinem ganzen Sein. Aber diese menschlichen Worte sagen nur stolpernd und höchst begrenzt aus, was dies wirklich bedeutet. Das Sein Gottes ist nicht identisch mit unserem Sein, sondern weist auf eine völlig andere, eben göttliche Dimension hin. Davor müssten wir eigentlich schweigen. Und doch sind wir aufgerufen, uns der Wahrheit zu nähern und einen Hauch dieses Seins in unserem Leben aufzunehmen und sichtbar werden zu lassen.
Mit Seiner Menschwerdung hat Jesus Sein Leben im Vater nicht aufgegeben. Er hat alles empfangen, was der Vater Ihm zugedacht hat. Dies ist der Schmerz über die Sünde und den daraus folgenden Tod in der gefallenen Menschheit. Dieser Abstieg in die Sünde zeigt sich nicht nur am Kreuz, sondern bereits bei der Menschwerdung. Als Gott unbegrenzt nimmt Er Wohnung im Schoß der Jungfrau Maria. Selbst wenn sie der reinste Mensch ist, so bedeutet es für Jesus Enge, die Seiner Gottheit nicht entspricht. Ablehnung begleitet Ihn von Seiner Geburt an Sein ganzes Leben lang und mündet in den schrecklichen Tod am Kreuz.
Diese völlige Hingabe und das Sich-empfangen vom Vater her auch im tiefsten unfassbaren Schmerz am Kreuz ist die Vollendung göttlicher Liebe im Menschen Jesus. So nimmt Er Sünde und Tod auf sich und eröffnet der ganzen Menschheit neu den Zugang zum Vater.
Auf diesem Hintergrund können wir nur erschrecken, wenn Jesus uns dieses Gebot gibt, einander zu lieben, wie Er uns geliebt hat. Dazu sind wir völlig unfähig!
Der Pfarrer von Ars hat durch seine jahrzehntelange Beichtpraxis immer mehr begriffen, was Sünde wirklich ist: Kreuzigung Gottes in Seinem Sohn Jesus. Ich habe Jesus gekreuzigt… Unfassbar! Ebenso unfassbar ist, dass dies der Weg in die Liebe des dreifaltigen Gottes ist.
Gottes Güte geht so weit, dass Er selbst in uns vollbringt, was wir nicht vollbringen können: „Denn Gott ist es, denn in euch das Wollen und das Vollbringen bewirkt zu seinem Wohlgefallen“ (Phil 2,13). Gott bereitet es also Freude, wenn wir Ihm erlauben, in Seiner Gnade immer mehr einander zu lieben. Dies bedeutet, alles, worunter wir durch unsere Mitmenschen leiden, in Ihm anzunehmen und in den Dienst der Erlösung zu stellen. Im Blick auf die furchtbaren Sünden der Menschen schrecken wir zurück. NEIN, sagt dazu der Pfarrer von Ars. Er, der erst im Beichtstuhl die Sünde kennengelernt hat, betet fast ununterbrochen für die Bekehrung der Sünder, damit sie in die Herrlichkeit Gottes hineingehen können. Sein Gebet war so intensiv, dass er die Sünder nicht suchen musste, von allen Seiten haben sie ihn aufgesucht, berichtet Catherine Lassagne.
In den ersten Jahren der Wallfahrt kam ein Fuhrmann mitten in der Nacht nach Ars, klopfte heftig an die Pforte des Pfarrers und schrie ihn heraus. Der Pfarrer antwortete nicht sofort. Aber auf eine neue Aufforderung hin öffnete er die Tür und sah vor sich einen großen Kerl, der ihm sagte: „Kommen Sie zur Kirche- abgemacht. Ich will beichten und zwar sofort.- Kommen Sie mein Freund,“ antwortete Vianney. Er hörte seine Beichte, umarmte ihn und als er sah, dass er erkältet war, gab er ihm Strümpfe und Schuhe °²
Vianney hatte sichtlich Angst vor diesem nächtlichen Besuch. Aber die Gnade Gottes siegte. Bitten wir innig mit dem Pfarrer von Ars um diese Liebe zueinander, die Gott allein schenken kann und bitten wir mit ihm für die Bekehrung der Sünder.
15.04.2025 ih
Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet, 1959, S.172
°² Joseph Vianey, Le Bienheureux Curé d’Ars, 1923, S.119