33. Sonntag Im Jahreskreis 19.11.2023 Lesejahr A

„Herr, ich wusste, dass du ein strenger Mensch bist; du erntest, wo du nicht gesät hast, und sammelst, wo du nicht ausgestreut hast; weil ich Angst hatte, habe ich dein Geld in der Erde versteckt. Sieh her, hier hast du das Deine.“ Mt 25,24f

„Man muss sich auch über die Unterlassungssünden erforschen, aber niemand denkt daran.“ °Pfr. von Ars

Angst, nicht genug getan zu haben, nicht dem Ruf des Herrn entsprochen zu haben, kennen wir doch auch, sicher nicht so intensiv wie der Pfarrer von Ars, aber ganz sicher belastend. Vianney hat sein ganzes Leben in den Dienst des Herrn gestellt und hat immer wieder an starken Zweifeln gelitten, in der Ewigkeit nicht beim Herrn zu sein. Unvorstellbar! So wollte er Ihn wenigstens hier auf der Erde lieben, so gut er konnte.
Das harte Urteil des Herrn über den, der nicht mit seinem Talent gearbeitet hat, ist erschreckend.
Bei Talenten denken wir zunächst an gute Werke, Fasten, Askese und bleiben immer hinter unseren Vorstellungen, was der Herr von uns erwartet, weit zurück.
Aber es geht dem Herrn doch nicht darum, uns Angst einzujagen. Er, der die Liebe des Vaters ist, will uns diese Liebe erfahrbar machen. Aber wir sind eingeladen, an unserem Heil und dem Heil anderer mitzuwirken, weil der Herr die freie Zustimmung zu Seinem Liebesangebot möchte.
Unser Ziel ist der Himmel, das Leben im Dreieinigen Gott. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir immer mehr umgestaltet werden in eine Christus-Ähnlichkeit. Die guten Werke, die wir meist als das Wirken mit unseren Talenten ansehen, sind ein Hilfsmittel, aber nicht das Ziel.
Sowohl der Diener, der zu fünf Talenten fünf weitere dazugewonnen hat als auch der Diener, der zu zwei Talenten zwei weitere dazugewonnen hat, hört vom Herrn, dass er über Weniges treu war und daher über Vieles gesetzt wird. Fünf Talente sind deutlich mehr als zwei. Vor dem Herrn ist das alles nur wenig. Alles, was wir gewinnen können, wird vor dem Herrn immer wenig sein.
Was aber bedeutet nun der Vorschlag des Herrn, das Geld wenigstens auf eine Bank zu bringen, um Zinsen zurückzuerhalten? Unsere Fähigkeiten können wir niemand anderem übertragen.
Der dritte Diener, den der Herr als schlecht und faul bezeichnet, war vor Angst gelähmt. Es hätte sicher einen anderen Ausweg gegeben, als das eine Talent zu vergraben.
Der Pfarrer von Ars lehrt: „Die Kinder dieser Welt glauben, es sei zu schwer, ihr Heil zu wirken. Dabei gibt es nichts Leichteres.“ °²
Wenn der dritte Diener seine lähmende Angst dem Herrn geschenkt hätte mit der Bitte um Sein unendliches Erbarmen, dann dürfen wir mit dem Pfarrer von Ars sicher sein, dass der Herr diesen Akt des Vertrauens als Weg zum Heil annimmt.
Wenn wir die Versuchung zur Mutlosigkeit erleiden, so ist auch das für uns der Weg, mit dem Herrn weiterzugehen. Nehmen wir unsere Ohnmacht und Unfähigkeit an, schenken wir sie dem Herrn und überlassen es Ihm, was Er daraus macht. Der Herr freut sich, wenn wir auch im Versagen allein auf Ihn vertrauen. Bei Ihm ist die Bank der Barmherzigkeit, die unerschöpflich Zinsen bringt.
ih 2.11.2023

°Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet, 1959, S.199
ebenda S. 291