29. Sonntag im Jahreskreis 19.10.2025 Lesejahr C

 „Sollte Gott seinen Auserwählten, die Tag und Nacht zu ihm schreien, nicht zu ihrem Recht verhelfen, sondern bei ihnen zögern? Ich sage euch: Er wird ihnen unverzüglich ihr Recht verschaffen. Wird jedoch der Menschensohn, wenn er kommt, den Glauben auf der Erde finden?“ Lk 18,7f

„Das Gebet ist allmächtig bei Gott… Die Seele, die aufhört zu beten, stirbt an Entkräftung… während die Seele, die mit Inbrunst und Ausdauer, betet, einer Schwalbe ähnlich wird, die sich mit Leichtigkeit hoch in die Lüfte erhebt. So dringt das Gebet einer glühenden Seele bis an Gottes Thron…“ °Pfr. von Ars

 

Sind wir wirklich überzeugt, dass Gott unsere Gebete erhört, und zwar immer? Wir haben doch alle schon die Erfahrung gemacht, eindringlich und inständig um etwas gebetet zu haben, ohne erhört worden zu sein.
Hören wir, was der Herr sagt! Der Herr wird seinen Auserwählten unverzüglich ihr Recht verschaffen. Aber wir gehören doch zu den Auserwählten seit der Taufe. Das war der Beginn unserer Gotteskindschaft. Wie ging dann der Weg weiter? Der Herr stellt die bange Frage, ob der Menschensohn Glauben auf der Erde finden wird, wenn er kommt. Unsere Taufe soll also ein ganzes Leben lang gelebt und vertieft werden bis zu Begegnung mit dem Herrn. Das Mitwirken von uns ist unerlässlich.
In seiner Abschiedsrede hat der Herr den Jünger zugesagt: „Was ihr den Vater in meinem Namen bitten werdet, das wird er euch geben. Bis jetzt habt ihr noch um nichts in meinem Namen gebeten (Joh 16,23f)“.
Aber sie hatten Ihn doch schon gebeten, wie zum Beispiel die Frau des Zebedäus, die für ihre Söhne Jakobus und Johannes den Platz rechts und links neben Jesus in Seinem Reich wollte. Sie wurde nicht erhört.
Jesu Zusage bezieht sich also keineswegs auf alle unsere Wünsche, was nicht heißt, dass wir nicht um alles bitten dürfen.
Im Vaterunser hat uns der Herr die rechte Weise zu bitten gelehrt. Zuerst geht es um Gott, um Seine Verherrlichung, das Erscheinen Seines Reiches, um die Erfüllung Seines Willens wie im Himmel so auf Erden. „Sucht aber zuerst sein Reich und seine Gerechtigkeit; dann wird euch alles andere dazugegeben (Mt 6,33)“.
Unsere irdischen Sorgen und Bedrängnisse verdunkeln uns oftmals den Blick auf die Herrlichkeit beim Vater, zu der wir berufen sind. Der Herr möchte unseren Blick hinauflenken auf unser ewiges Ziel.
Der Pfarrer von Ars hat sein ganzes Leben lang in seinen Katechesen versucht, durch die lebenspendenden Weisungen des Herrn die Herzen der Menschen auf Gott hin auszurichten.
1858 hat ein Seminarist, der später Pfarrer von Saint-Ètienne wurde, Abbé Salette, bei einer Katechese Vianneys gehört : du sollst die Sonntage halten… Zweiundfünzig Jahre später, am 15. November 1910, erinnerte er sich daran immer noch, als wäre er noch dabei. Einer hatte zwei Kinder, ein anderer vier Kinder. Der erste arbeitete auch sonntags den ganzen Tag und konnte seine Ausgaben nicht bestreiten. Der zweite heiligte den Tag des Herrn und konnte seine Kosten bezahlen, obwohl er eine doppelt so große Familie wie der erste hatte. Dieser fragte ihn, wie das möglich ist. Er bekam die Antwort, dass er einen Tag zu viel arbeitet und nicht die Messe besucht. Der andere korrigierte sich und Gott segnete seine Arbeit. Vianney hat während seiner Rede einen Mann neben dem Seminaristen mit den Augen fixiert, der anschließend bei ihm beichten wollte, um seine Gewohnheit, am Sonntag zu arbeiten, abzulegen.°²
Auch das Befolgen der Gebote, soweit dies möglich ist, ist nicht die Garantie, dass Bitten erhört werden. Jesu innige Bitte an den Vater am Ölberg, dass der Kelch an Ihm vorübergehen möge, wurde nicht erhört. Aber der Herr nahm den Willen des Vaters an im Bewusstsein, dass nur so die Welt gerettet werden kann.
Gottes Handeln wird für uns sehr oft ein Geheimnis bleiben und wir leiden daran. Maria hat auch so vieles nicht verstanden, aber einfach alles in ihrem Herzen bewahrt und angenommen.
Bleiben wir mit dem Pfarrer von Ars einfach im Vertrauen, dass der Herr tatsächlich jede unsere Bitten erhört, aber eben nicht immer nach unserem Willen, sondern nach Seinem Plan. Nur Er weiß, was uns zum ewigen Heil dient.
10.09.2025 ih
Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet, 1959, S.106
°² Mgr Francis Trochu, le curé d’ars predicateur populaire,1950, S.151