28. Sonntag im Jahreskreis 15.10.2023 Lesejahr A

„Als der König eintrat, um sich die Gäste anzusehen, bemerkte er unter ihnen einen Menschen, der kein Hochzeitsgewand anhatte. Er sagte zu ihm: Freund, wie bist du hier ohne Hochzeitsgewand hineingekommen? Der aber blieb stumm.“ Mt 22,11f

„Aber so völlig erbarmungswürdig, wie wir sind, seit wir uns zur Umkehr entschlossen haben, ist der Mutterschoß der göttlichen Barmherzigkeit von Mitleid berührt. Dieser zärtliche Erlöser läuft mit seiner Gnade den Sündern entgegen, umarmt sie und erfüllt sie mit den köstlichsten Tröstungen: „Dass man diesen Christen nach der Umkehr mit seinem ersten Gewand, das ist die Taufgnade, bekleide, ruft er aus; dass man ihn bekleide mit Jesus-Christus, mit seiner Gerechtigkeit, seinen Tugenden und allen seinen Verdiensten.“° Pfr. Von Ars

Es braucht schon besonders gravierende Gründe, um eine Hochzeitseinladung, besonders eines Königs, nicht anzunehmen. Völlig unverständlich ist die Misshandlung und Tötung der Diener, die die Einladung überbringen. Allein hieraus können wir erkennen, dass es nicht um eine gewöhnliche Hochzeit geht, sondern um etwas Endgültiges, Ewiges, das eine Entscheidung der Geladenen erfordert.
Der König gibt nicht auf und lässt nun Gute und auch Böse einladen, also nicht nur moralisch einwandfreie Gäste.
Schwierig ist es zu verstehen, warum einer von ihnen, die doch alle von der Straße her eingeladen worden sind, kein Hochzeitsgewand anhatte und hinausgeworfen wurde. Es waren doch unter den Gästen auch Böse. Um ein äußeres Hochzeitsgewand kann es nicht gehen, denn alle kamen von der Straße und hatten keine Gelegenheit, sich eines zu besorgen.
„Freund“, so redete der König den einen Gast ohne passendes Gewand an.
„Freund“, so hat auch Jesus Judas angesprochen, als dieser Ihn mit dem Kuss des Verrates begrüßte (Mt 26, 50). Gewiss ist diese Anrede keine Höflichkeitsfloskel. Es ist das letzte Versuch des Herrn, einen Menschen vom Rand des Abgrundes zurückzuholen und vor dem Verderben zu retten.
Es geht um Hinwendung zum Herrn in der Erkenntnis der eigenen Schuld und der Bitte um Erbarmen, so wie der Schächer zur rechten Seite am Kreuz sich an den Herrn gewandt hat: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst! (Lk 23,42). Diese Worte waren Frucht der Einsicht eigener Sünden eines verpfuschten Lebens und des Vertrauens in den Gottessohn.
Bis zum äußersten ringt der Herr um jeden Menschen. Aber die Freiheit des Menschen bleibt und damit auch die Möglichkeit, sich dieser Umkehr zu verweigern mit der Konsequenz, nicht an der Hochzeit teilnehmen zu können.
Der Pfarrer von Ars beschreibt ergreifend die Liebe des Herrn, mit der Er um jeden einzelnen Menschen ringt. Ohne Hebräisch zu können, benutzt Vianney das Bild des Mutterschoßes als Ausdruck der göttlichen Barmherzigkeit. Im Mutterschoß der göttlichen Barmherzigkeit können wir jederzeit neu geboren werden. Die Menge der Sünden ist dabei ohne Bedeutung.
Stellen wir uns vor den Herrn, lassen wir uns von Ihm anschauen und ansprechen: „Freund“. Lassen wir uns durchdringen von dieser göttlichen Liebe, die sich durch nichts abhalten lässt außer von unserer Freiheit zum „Nein“. Erwidern wir diese Freundschaft immer wieder mit den Worten des guten Schächers: Jesus, denk an mich, wenn du in dein Reich kommst. So dürfen wir hoffen, dass wir mit Hilfe des Heiligen Pfarrer von Ars auch am Ende unseres Lebens dies von ganzem Herzen aussprechen können.
19.09.2023 ih

Aus: Monseigneur Convert, ma retraite avec le saint curé d‘ars, Nachdruck 1998, S.82f, übersetzt ih