18. Sonntag im Jahreskreis 03.08.2025 Lesejahr C

„Meister, sag meinem Bruder, er soll das Erbe mit mir teilen! Er erwiderte ihm: Mensch, wer hat mich zum Richter oder Erbteiler bei euch eingesetzt?“ Lk 12, 13f

„O wie viele Götzendiener gibt es heutzutage; wie viele sind es, die mehr daran denken, Reichtum anzusammeln, als Gott zu dienen!“ °Pfr. von Ars 

Ungewöhnlich heftig fällt die Reaktion des Herrn auf die Bitte um eine gerechte Teilung des Erbes aus. Ganz anders war die Reaktion Gottes auf die Klage Abrams: „Herr und Gott, was kannst du mir geben? Ich gehe kinderlos dahin und Erbe meines Hauses ist Elieser aus Damaskus … Siehe, du hast mir keine Nachkommen gegeben; so wird mich mein Haussklave beerben…. Das Wort des Herrn erging an ihn: nicht er dich beerben, sondern dein leiblicher Sohn wird dein Erbe sein.“ (Gen15,2ff)
Der Herr ging in Seiner Verheißung sogar noch weiter und hat Abram Nachkommen so zahlreich wie die Sterne versprochen. Entgegen aller menschlichen Erwartung hat Abram dem Herrn geglaubt, auch dann noch, als er seinen einzigen Sohn Isaak als Brandopfer darbringen sollte. Das Erbe des Abraham war die Grundlage des Bundes Gottes mit dem Volk Israel und aufgrund des Glaubens Abrahams auch des Neuen Bundes in Christus.
Es geht also gar nicht darum, ein Erbe und den Wunsch danach zu verurteilen. Der Herr verurteilt lediglich, dass durch die Gier nach dem irdischen Erbe der Blick auf das Erbe des Himmels verloren geht. Ein Erbe ist immer ein Geschenk, das irdische Erbe von den Vorfahren, dass himmlische Erbe vom Herrn. Der reiche Mann im Evangelium hat nur noch den Blick auf seinen Reichtum und vergisst, für den Himmel reich zu werden. Jesus, der die Gedanken der Menschen kennt, sah diese Gier des fragenden Mannes und wollte ihn gerade durch seine heftige Antwort zur Besinnung führen. Dem Herrn ging es immer um die Rettung der Seele für die Ewigkeit. Wenn irdischer Besitz jedoch einen solchen Stellenwert hat, dass er den Weg ins Himmelreich verschließt, dann kann radikale Sprache ein Rettungsanker sein.
Auch der Pfarrer von Ars hat sein Erbe nicht abgelehnt. Es war die Voraussetzung für die Gründung der Providence, das Waisenhaus für verlassene Mädchen. Er wollte darin seine letzten Jahre verbringen, um sich auf seinen Tod vorzubereiten. Wie schwer traf ihn die Entscheidung seines Bischofs Devie, nach vielen Jahren fruchtbaren Wirkens die Providence in die Hände von Schwestern legen zu müssen. Er erkannte darin Gottes Willen nicht, fügte sich aber im Gehorsam und unterschrieb am 5.11.1847 den Vertrag und schenkte der Genossenschaft vom Heiligen Josef noch eine Summe von 53.000 Franken.°²
In seiner jahrzehntelangen Beichtpraxis hat Vianney die Unkeuschheit und die Habgier als die Hauptversuchungen erkannt. Er wollte nicht nur durch seine Predigten die Menschen vor diesen Hauptsünden zu bewahren, sondern lebte ihnen die Loslösung von irdischem Gut vor, auch wenn es wie die Providence dem Nutzen anderer diente.
Das bezieht sich aber durchaus nicht nur auf materielles Eigentum, sondern auf alles, was wir an die erste Stelle in unserem Leben setzen. 1856 wurde ihm ein Mädchen als kleine Gelehrte vorgestellt, die nach ihrer Berufung suchte. Vianney, der gebildete Menschen sehr liebte, sagte: „umso schlimmer! Das wiegt keinen Akt der Gottesliebe auf.“ Der Heilige heftete seinen Blick lange auf dieses Mädchen und schien aus ihrer Seele zu lesen. „Eine Ordensfrau“ sagte er schließlich. Trotz anfangs heftiger Gegenwehr bei dem Gedanken, die geliebten Studien aufzugeben, legte sie drei Jahre danach 1859 die Gelübde ab und berichtete darüber später nach achtundfünfzig Jahren im Kloster.°³
Lassen wir den Blick des Heiligen Pfarrers auch auf uns ruhen, dass er uns zeigt, wo wir Gott nicht auf den ersten Platz in unserem Leben stellen, sondern irgendetwas anderes und das kann vieles sein. Aber so werden wir in die Freiheit der Liebe Gottes hineinwachsen.

30.06.2025 ih
°Aus: Jean-Marie Vianney Pfarrer von Ars, hrsg. Bernard Nodet, 1959, S.197
°²Francis Trochu, Der Pfarrer von Ars, 2001. S.328
°³ ebenda, S.275